Bereits zum 34. Mal hat die Silvius-Wodarz-Stiftung den Baum des Jahres gekürt. Wie schon im Jahr 1990 geht der Titel 2022 an die Rotbuche (lat. Fagus sylvatica)! Erstmals erhält ein Baum diesen Titel damit zum zweiten Mal.
Rotbuchen galten lange als Hoffnungsträger für den klimastabilen Mischwald. Doch die Tatsache, dass auch sie zunehmend unter der klimabedingten Trockenheit leiden, gab für die Stiftung den Ausschlag, die Buche erneut ins öffentliche Blickfeld zu rücken.
Die konkurrenzstarke und mit enormer Wuchskraft ausgestattete Baumart ist mit einem Anteil von 16 Prozent die häufigste Laubbaumart in Deutschlands Wäldern und in ganz Mitteleuropa heimisch. Laut Aussage der Silvius-Wodarz-Stiftung ist die Rotbuche die am stärksten durch den Menschen zurückgedrängte Baumart in Deutschland. Erst seit etwa drei Jahrzehnten nehmen die Buchen in Deutschlands Wäldern langsam wieder zu. Sie kann eine Höhe von bis zu 45 Metern und einen Stammdurchmesser von 1,50 Metern erreichen. Unter optimalen Bedingungen kann sie etwa 350 Jahre alt werden. Die älteste Rotbuche in Europa steht in den Österreichischen Kalkalpen und ist 550 Jahre alt.
Die Namensgebung kann zu Missverständnissen führen, denn die Rotbuche weist keine roten bis schwarz-roten Blätter auf, wie einige Buchen in Parks, größeren Gärten und auf Friedhöfen. Dieser auffällige Baum ist die Blutbuche, eine kultivierte Varietät der Rotbuche. Der Name der Rotbuche, verweist auf ihr im Alter rötlich eingefärbtes Kernholz.
Markenzeichen sind ihr glatter, gerader Stamm mit silbergrauer Rinde und die langen rötlich-braunen Knospen an den Zweigen. Erst nach 20 Jahren bis 40 Jahren bringen Rotbuchen im Frühling Blütenstände hervor, aus denen sich bis zum Herbst Bucheckern entwickeln. Besondere Ansprüche an den Standort stellt die Buche nicht. Sie kommt auf allen Waldstandorten gut zurecht, außer in Auwäldern, Mooren, Sümpfen und auf sehr trockenen Böden. Rotbuchen gelten als standfest, hitzetolerant und klimaresilient. Doch seit einigen Jahren und verstärkt durch die vergangenen Dürresommer weisen auch Rotbuchenbestände verkahlte Kronen, Schädlingsbefall und Symptome komplexer Baumkrankheiten auf, die zum Absterben der Bäume führen können.
Die von 2018 bis 2020 anhaltende Trockenheit mit sommerlichen Hitzeperioden konnte wohl keine unserer Waldbaumarten unbeschadet überstehen. Von den vier Hauptbaumarten Fichte, Kiefer, Eiche und Buche hat es die Fichte laut Waldzustandsbericht der Bundesregierung mit Abstand am stärksten getroffen. Allein im Jahr 2020 sind über vier Prozent aller Fichten abgestorben. Dagegen wies die Buche mit ca. 0,3 Prozent die geringste Absterberate auf, wovon die meisten Bäume an sonnenexponierten Süd- und Südwesthängen auf Böden mit geringem Wasserspeichervermögen standen.
Die Silvius-Wodarz-Stiftung prophezeit der Rotbuche eine durchaus positive Zukunft, denn es spricht vieles dafür, dass die Buche ihren Platz in den Wäldern trotz der sich ändernden klimatischen Verhältnisse durchaus halten und auch erweitern kann: Sie ist fast in ganz Deutschland verbreitet, auf nassen bis hin zu trockenen Standorten, von den Bergen bis ins Flachland. Darüber hinaus gilt ihr genetisches Anpassungspotenzial als recht hoch und viele der Waldflächen, von denen sich die Fichte absehbar zurückziehen wird, stellen für Buchen gut geeignete Standorte dar. Somit ergeben sich gute Chancen, dass die Buche dort jetzt einen Teil ihres verlorenen Terrains zurückerobern wird.