In diesem Jahr wurde bereits zum zehnten Mal das Waldgebiet des Jahres durch den Bund Deutscher Forstleute (BDF) ausgerufen. Wie bereits im letzten Jahr, fällt hier die Wahl auf die „Ivenacker Eichen“ in Mecklenburg-Vorpommern.
„Da durch die Corona-Beschränkungen in diesem Jahr die geplanten Veranstaltungen zum Waldgebiet des Jahres nicht stattfinden konnten, war es für den BDF ein Gebot der Fairness die Ivenacker Eichen auch im kommenden Jahr als ‚Waldgebiet des Jahres‘ zu betrachten, um die Einschränkungen dieses Jahres zu kompensieren.“ so BDF-Bundesvorsitzender Ulrich Dohle.
Das mit ca. 164 ha recht kleine Waldgebiet im Herzen Mecklenburg-Vorpommerns wurde vom BDF ausgewählt, weil es die Tradition des mittelalterlichen Hutewaldes mit dem deutschlandweit wohl einmaligen Ensemble „1.000-jähriger Eichen“ erlebbar macht. Das Waldgebiet mit den namensgebenden Ivenacker Eichen verkörpert in spezieller Weise die im Mittelalter vorherrschende Wirtschaftsform der Waldweide. Die Begriffe „Waldweide“ oder „Hutung“ (abgeleitet von „hüten“) beschreiben die historische Landnutzungsform.Hierbei wurde Nutzvieh wie Kühe oder Schweine zur Futtersuche in die Wälder getrieben, denn bis weit in das 19. Jahrhundert waren Eicheln und Bucheckern unverzichtbare Bestandteile des Viefutters. Durch den Verbiss der Tiere kam es zu einem prägenden Nebeneffekt: der so reduzierte Aufwuchs führte zu einem deutlich verringerten Konkurrenzdruck für Bäume wie die Eiche, sodass sich diese zu typischen Hudebäume mit massiven Stämmen, weit ausladenden und tiefhängenden Kronen und starken, verzweigten Ästen entwickeln konnten. So kam es, dass Hudewälder einen fast parkähnlichen Charakter mit einer Vielzahl von Einzelbäumen aufwiesen. Die ältesten Eichen weisen mittlerweile eine Höhe von über 35 Metern, einen Umfang von 11,7 Metern und ein Holzvolumen von 140 Kubikmetern auf.
Bei den Ivenacker Eichen steht heute die Darstellung und Entwicklung dieser historischen Waldnutzungsform im Mittelpunkt aller Maßnahmen und Angebote. Hierzu gehört, dass beispielsweise keine baumchirurgischen Maßnahmen durchgeführt und Schäden an den Wurzeln durch eine Abstandsbegrenzungen vermieden werden. So kann der Charakter des Hudewaldes gewahrt werden. Seit dem Ende der Waldweide wird der für das offene und lichte Waldbild wichtige Verbiss von Jungpflanzen vor allem von Damwild übernommen. Ursprünglich wurden die Tiere für Jagdzwecke des Adels in den Wald der Ivenacker Eichen angesiedelt. Seit einigen Jahren unterstützen auch Muffelschafe und die seltene und gefährdeten Schweinerasse Turopolje den Erhalt des Hudewaldes im Ivenacker Tiergarten.
Ohne Zweifel zählen die Ivenacker Eichen damit zu den ältesten Bäumen Deutschlands und besitzen eine besondere Symbolkraft. Mit seinen rund 1.000-jährigen Eichen ist der Hudewald einmalig und in Bezug auf seinen Natur- und Kulturwert besonders schützenswert. Die vor Ort tätigen Forstleute tragen in vorbildlicher Weise zusammen mit Partner:innen aus der Region dazu bei, die alte Waldbewirtschaftungsform lebendig zu erhalten und sichern zudem das wertvolle Ökosystem im Rahmen verschiedener Naturschutzstrategien und angepasster Waldwirtschaft.